Aus Fluchtgeschichten lernen

Aus Fluchtgeschichten lernen Ausstellung der Seliger-Gemeinde am Johannes-Nepomuk-Gymnasium
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Ausstellung der Seliger-Gemeinde am Johannes-Nepomuk-Gymnasium

Zu Fuß, auf Skiern, mit der Eisenbahn, per Schiff oder mit dem Flugzeug „wechselten sudetendeutsche Sozialdemokraten ihr Lebensumfeld“ – so steht es in einem Faltblatt zur Ausstellung „Böhmen liegt nicht am Meer“. Bei der Ausstellungseröffnung machte SPD-Landtagsabgeordnete Ruth Müller den Schülern des Johannes-Nepomuk-Gymnasiums Rohr bewusst, dass das heißt: sie flüchteten!

Geboren in Böhmen, Mähren und Schlesien, in der heutigen Tschechischen Republik, verließen diese Menschen für ein Leben in Freiheit ihre Heimat. Überall in Europa und teilweise auch in Amerika erhofften sie sich bessere Lebensbedingungen. Die meisten von ihnen kamen nach 1945, also nach dem Zweiten Weltkrieg und der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten, nach Westdeutschland. Hier wirkten sie für ein besseres Europa, ein freies und friedliches Europa ohne Hass und Gewalt.

Die Ausstellung skizziert die Lebenswege von 24 Menschen, die überzeugte Demokratinnen und Demokraten waren, die in ihrem Leben viele Wendungen und Schicksalsschläge erlebten. Einige von ihnen sind wegen ihrer Überzeugungen ermordet worden. „Mit Blick auf diese Schicksale“ rufen ich euch auf, für unsere Demokratie zu streiten und sie zu verteidigen“, forderte Müller die Schüler auf. Dafür setzt sich ganz besonders die Seliger-Gemeinde ein, die Nachfolgeorganisation der sudetendeutschen Sozialdemokraten. Ihre Mitglieder haben die Ausstellung gestaltet und anhand einiger Lebenswege erläuterte Rainer Pasta die Mission dieser mutigen Menschen.

„Dass Frieden, Freiheit und Demokratie keine Selbstverständlichkeit sind, haben wir am 24. Februar 2022 schmerzlich erfahren“, betonte Müller. Der russische Präsident Wladimir Putin habe an diesem Tag der Ukraine den Krieg erklärt. Er dauert seit über einem Jahr an und ein Ende ist nicht in Sicht. Von einer Zeit, „in der es wieder darauf ankommt, die Demokratie zu verteidigen“ sprach deshalb SPD-Ortsvorsitzender Georg Riedl. Die Ausstellung sei somit passend.

Wiederum hat nämlich eine Fluchtbewegung eingesetzt. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer suchen – auch in der Region – Schutz vor dem Leid, das ihnen in ihrer Heimat gedroht hätte. Im Kontakt mit ukrainischen Geflüchteten hätten die Schüler vielleicht bemerkt, dass der Krieg gar nicht so weit weg ist, wie man vielleicht glauben mag. Umso wichtiger ist es, dass wir uns immer wieder damit auseinandersetzen“, betonte Müller, die deshalb gerne die Ansprache zur Ausstellungseröffnung hielt.

Flucht und Vertreibung, der Kampf gegen Rechtsradikalismus und eine lebendige Erinnerungskultur waren und sind Themen im SPD-Arbeitskreis Labertal. Das ist ein Bündnis von 14 SPD-Ortsvereinen aus dem Kleinen und Großen Labertal. Es wurde 2008 gegründet und hat immer wieder Ausstellungen wie diese geplant und durchgeführt. Auch am Johannes-Nepomuk-Gymnasium war der Arbeitskreis mit verschiedenen Ausstellungen schon öfter zu Gast.

Schulleiterin Carola Reim dankte Frater Franziskus Neuhausen, der den Kontakt zur SPD und zur Seliger-Gemeinde hergestellt hatte. Sie motivierte die Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen sich auf die Geschichte einzulassen und sich für die Demokratie stark zu machen. Bürgermeisterin Birgit Steinsdorfer erinnerte in ihrem Grußwort an die Umstände der Vertreibung der Sudetendeutschen und der Umsiedlung unter anderem nach Bayern.

Foto: Die Teilnehmer an der Eröffnung der Ausstellung „Böhmen liegt nicht am Meer“.

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